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Fragen & Antworten - Teil 2

Was versteht man unter biologischer Therapie? 
Gemeint ist die Behandlung mit sogenannten „Biologika“. Das sind Medikamente, die nur bei Patienten mit schwereren Verlaufsformen eingesetzt werden. Die herkömmlichen Therapieformen sind bei diesen Betroffenen nicht ausreichend wirksam oder können aus verschiedenen Gründen nicht eingesetzt werden. Nach sorgfältigen Voruntersuchungen und nach Ausschluss chronischer Infektionen, wie zum Beispiel TBC und eventuell anderer Gründe, die den Einsatz verbieten könnten (schweres Herzleiden, Multiple Sklerose), werden diese Medikamente als Infusion bzw. als Injektion verabreicht. Wie auch unter Kortison oder Immunsuppressiva (Immunoprin®, Imurek®, Methotrexat®, Ebetrexat®), kann die Infektanfälligkeit erhöht sein. Ca. zwei Drittel der so behandelten Patienten profitieren von einer Langzeitbehandlung. 
 


Überwachung nach Gabe von biologischen Therapien? 
Jede Therapie, die das Immunsystem beeinflusst, muss ärztlich überwacht werden, das gilt natürlich auch für Biologika. Patienten, die eine Infusionsbehandlung bekommen, haben ja zwangsläufig einen Arztkontakt unmittelbar vor der Infusion. Ich frage routinemäßig nach akuten Infekten. Eventuell auftretende akute Infusionsreaktionen werden ja in einer medizinischen Einrichtung erfolgen und können sofort behandelt werden. Die allergischen Reaktionen vom Spättyp sind fast immer leichter Natur. Durch entsprechende Schulung des Patienten, sollte gewährleistet sein, dass mir diese Beschwerden (Gliederschmerzen, leichtes Fieber, grippeähnliche Symptome) mitgeteilt werden. Bei Zeichen von Infektionen (Fieber, Husten etc.) sind meine Patienten angewiesen, mich zu kontaktieren. Aber auch Patienten, die auf eine Injektionsbehandlung eingestellt sind und diese wöchentlich oder zweiwöchentlich durchführen, werden bei Erlernen der Therapie geschult. Regelmäßige Laborkontrollen werden bei beiden Therapieformen durchgeführt. Es ist bekannt, dass es im Zuge der Biologika-Behandlung auch zu Infektionen mit seltenen Erregern kommen kann. 



Machen Biologika anfälliger für Infekte als Azathioprin? 


Alle bisherigen Untersuchungen lassen erkennen, dass vor allem die Kombination von Immunsuppressiva mit Kortison das größte Risiko für Infekte birgt. Meine Erfahrung zeigt mir, dass eine schlechte Entzündungskontrolle auch eine erhöhte Infektanfälligkeit bringt. Daher strebe ich eine Beschwerdefreiheit ohne Kortison an. 
 


Sieht man Morbus Crohn / Colitis ulcerosa im Blutbild? 
Es gibt weder für Morbus Crohn noch für Colitis ulcerosa Laborbefunde, die die Erkrankungen beweisen oder ausschließen. Selbst komplett unauffällige Werte können vorkommen. Die Blutuntersuchungen können hilfreich sein, einen Verdacht auf CED zu erhärten oder zu entkräften. Bei bereits gesicherter Erkrankung helfen Laboruntersuchungen in der Verlaufskontrolle, um Nebenwirkungen von Medikamenten frühzeitig zu erkennen oder um Mangelerscheinungen (Vitamine, Eisen, Eiweiß) aufzudecken. Da immer mehr genetische Marker bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen identifiziert werden, sind bereits die ersten Tests verfügbar. Allgemein wird abgeraten, diese Tests außerhalb von wissenschaftlichen Fragestellungen durchführen zu lassen, da weder positive noch negative Ergebnisse auf Behandlung oder Krankheitsverlauf einen Einfluss haben. 

 


Kann eine Ernährungsumstellung Morbus Crohn / Colitis ulcerosa heilen? 
Leider nein. Es gibt keine diätetische, medikamentöse, alternativmedizinische, chirurgische oder psychotherapeutische Maßnahme, die Morbus Crohn heilen kann. Gleiches gilt für Colitis ulcerosa. So logisch es uns erscheinen mag, eine Darmerkrankung mittels Diät positiv oder negativ zu beeinflussen, so enttäuschend sind alle wissenschaftlichen Versuche verlaufen, eine Crohn- oder Colitisdiät zu entwickeln. In bestimmten Situationen sind Diäten hilfreich, so z.B. eine ballaststoffarme Diät bei Stenosen, Berücksichtigung von erworbenen oder angeborenen Unverträglichkeiten (Laktoseintoleranz) oder wenn eine zusätzliche Erkrankung besteht, die eine Diät erfordert (Diabetes). In allen anderen Fällen sind die Patienten aufgefordert, ihre individuellen Unverträglichkeiten bei der Ernährung zu berücksichtigen. 
 


Kapselendoskopie bei chronisch entzündlicher Darmerkrankung? 
Diese Untersuchung wurde entwickelt, um Blutungsquellen im Dünndarm zu lokalisieren. Die Kapsel besteht aus Kamera, Sender und Batterien. Pro Sekunde werden 2 Bilder gemacht und an einen Empfänger, den der Patient am Körper mit sich trägt, geschickt. Koloskopie und Gastroskopie vor der Kapsel sind erforderlich. Derzeit ist diese Untersuchung für Morbus Crohn nicht zugelassen, allerdings gibt es Fragestellungen, wo diese Methode ihren Platz hat. Engstellen im Darm dürfen nicht vorliegen, da sonst die Passage der Kapsel nicht möglich ist. 
 


Ist eine Dilatation im Zuge einer Koloskopie möglich? 
Dilatation bedeutet Aufdehnung einer Engstelle. Ich verwende ausschließlich einen Ballon, der durch den Arbeitskanal des Koloskops geführt wird. Gelingt es, diesen Ballon problemlos in der Engstelle zu platzieren, kann man durch Aufblasen des Ballons, Stenosen erweitern. Dafür ist aber ein großer Druck erforderlich. Diese Maßnahme hat daher auch ein gewisses Komplikationsrisiko. Dieses beträgt zwischen 2 und 5 %, was um ein Vielfaches höher liegt, als bei einer „normalen“ Koloskopie. Eine sorgfältige Aufklärung der Patienten ist daher erforderlich. Ich weise sehr eindrücklich auf die Gefahr einer Perforation oder einer Blutung hin (Perforation = Loch im Darm, mit großer Wahrscheinlichkeit auf akute operative Sanierung). Voraussetzungen für die Dilatation sind auch die kurze Engstelle, die weitgehend abgeheilte Entzündung und die gute Erreichbarkeit mittels Endoskop. Üblicherweise lasse ich meine Patienten nach erfolgtem Eingriff eine Nacht zur Beobachtung im Krankenhaus. 



Warum soll man die „Knochendichte“ messen? 
Knochendichtemessungen erfolgen, um eine Osteoporose oder die Vorstufe Osteopenie zu erfassen. Chronische Erkrankungen, daher auch CED können zu vorzeitiger Osteoporose führen. Aber auch die Therapie mit Kortison fördert Osteoporose, ebenso körperliche Schonung oder verminderte Aufnahme von Kalzium oder Vitamin D. Um das Risiko frühzeitig zu erkennen, wird diese Untersuchung durchgeführt. Derzeit kann man medikamentös nur begrenzt helfen. Das Therapieziel ist es, das Fortschreiten der Osteoporose zu verhindern. 
 


Eisenmangel? 
Eine sehr häufige Komplikation der CED ist der chronische Eisenmangel und die daraus resultierende Blutarmut (Eisenmangelanämie). Anämiesymptome können mannigfaltig sein: Müdigkeit, Leistungsschwäche, Kältegefühl, Blässe, aber auch Neigung zur Depression. Für Eisenmangel gibt es bei CED mehrere Gründe. Die Entzündung verbraucht vermehrt Eisen, also ist der Bedarf erhöht. Da der Darm entzündet ist, wird weniger Eisen aufgenommen, aber aufgrund von Blutungen auch mehr verloren. Wichtig ist die konsequente Therapie der Entzündung. Eine vermehrte Eisenaufnahme mit der Nahrung ist fast immer erfolglos, eine Behandlung mit Eisenpräparaten kann nur erfolgen, wenn eine gute Verträglichkeit des Eisenpräparates gegeben ist und es tatsächlich zu einem Anstieg des Eisens und zu einer Verbesserung der Anämie führt. Besser und schneller wirkt eine intravenöse Eisengabe, vorzugsweise als Infusion. 
 


Sind Antibiotika schlecht für CED? 
Die nicht gerechtfertigte Antibiotikagabe ist bei jedem Menschen schlecht! 
Grundsätzlich können alle Antibiotika eine Darmentzündung auslösen. Man spricht dann von einer Antibiotika-Kolitis. Bei Clindamycin, dem Wirkstoff von Dalacin® (oft von Zahnärzten verschrieben) kann so eine Entzündung fast bei jedem 4. Patienten auftreten. Auch diese Antibiotika-Kolitis wird mit einem Antibiotikum behandelt! (Anaerobex® oder Vancomycin®). 
Verträglicher sind z.B. Ciproxin®, Tavanic®, Avelox® usw. Zugabe von Bakterien- oder Hefepilzpräparaten wird oft gemacht, um die Verträglichkeit zu erhöhen. 

 


Biologika und Schwangerschaft? 
Vor einer geplanten Schwangerschaft wird das Absetzen empfohlen. Bei ungeplanter Schwangerschaft unter Therapie stellt das keinen Grund für einen Schwangerschaftsabbruch dar. Beste Voraussetzung für eine komplikationsfreie Schwangerschaft ist die Beschwerdefreiheit. 
 


Ist Morbus Crohn / Colitis ulcerosa vererblich? 
In den letzten Jahren wurden verschiedene Gene identifiziert, die für Morbus Crohn / Colitis ulcerosa verantwortlich gemacht werden. Vererbt wird allerdings nicht die Krankheit, sondern die Bereitschaft zu erkranken – die Genträger sind anfälliger, M. Crohn oder Colitis ulcerosa zu entwickeln. Eineiige Zwillinge sind genetisch idente Personen. Erkrankt ein Zwilling, dann beträgt das Erkrankungsrisiko für den zweiten Zwilling ca. 50 %. Was schlussendlich dafür verantwortlich ist, dass die Krankheit ausbricht, bleibt Spekulation (Umwelt, Infektionen, Nahrungsbestandteile, Stress etc. oder eine Kombination aus allem). 
 


Wie unterscheidet man eine Sakroileitis von einer Ischialgie? 
Eine Sakroileitis (SI) wird durch Bewegung besser, eine Ischialgie schlechter. SI kann durch Röntgen, MRT, HLA-B27-Bestimmung usw. verifiziert werden. 
 


Extraintestinale Manifestationen der CED? 
Darunter versteht man Krankheitssymptome außerhalb des Verdauungstraktes. Häufig mitbetroffen sind Gelenke, Haut und Augen. 
 


Ist man, wenn man an Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa leidet, für Thrombosen anfälliger? 
Thrombosen sind Blutgerinnsel in Blutgefäßen, häufig in den unteren Extremitäten, aber prinzipiell überall im Körper möglich. Tritt eine Thrombose im Bein auf, kommt es dort zu Rötung, Schwellung und Schmerzen. Bei solchen Beschwerden sollte unverzüglich ein Arzt aufgesucht werden. Crohn- und Colitispatienten leiden etwa 3 – 4 x häufiger an Thrombosen als man bei der Normalbevölkerung erwartet. Die Anfälligkeit ist immer im akuten Schub am größten, da Flüssigkeitsverlust, Entzündung und Bettlägrigkeit die Entstehung von Thrombosen begünstigen. 
 


CED und zusätzlich Sakroileitis und Augenentzündungen? 
Eine Entzündung des Kreuzbein-Darmbeingelenkes nennt man Sakroileitis. Dieses Krankheitsbild ist verwandt mit M. Bechterew, aber auch bei Schuppenflechte (Psoriasis) kann diese schmerzhafte Entzündung auftreten. Typisch sind „tiefe Kreuzschmerzen“, die fast immer in den frühen Morgenstunden den Patienten aus dem Bett treiben. Die Schmerzen können ins Gesäß und in die Beine ausstrahlen („Ischias-ähnlich“). Nach dem Aufstehen fühlen sich die Betroffenen steif, aber Bewegung lindert die Beschwerden. Nicht immer kann man im Röntgen die Entzündung erkennen, daher ist eine Magnetresonanzuntersuchung des Kreuzbein-Darmbeingelenks bei entsprechenden Symptomen und unauffälligem Röntgen erforderlich. Diese Gelenksmitbeteiligung ist unabhängig von der Darmsymptomatik aktiv. Kolitispatienten können auch nach kompletter Entfernung des Dickdarms sehr darunter leiden. Kortison kann zwar den Schmerz nehmen, ist aber als Langzeittherapie wegen der bekannten Nebenwirkungen nicht geeignet. Das Erlernen von Heilgymnastik steht am Beginn der Maßnahmen. Wird damit nicht der Schmerz kontrolliert, so kann eine Therapie mit Biologika eine dramatische Besserung bringen. Entzündungen der Augen, Fremdkörpergefühl, Rötungen und Schmerzen sollten unbedingt von einem Augenarzt abgeklärt werden. Bitte erwähnen Sie gegenüber Ihrem Augenarzt unbedingt Ihre Darmerkrankung. Kombinationen von Gelenks- und Augenbeteiligung kommen vor, insgesamt dürften ab höchstens 5 % der CED-Patienten davon betroffen sein. 
 


Imurek® bei Kindern und Jugendlichen? 
CED bei Kindern können bei entsprechender Schwere zu Wachstumsverzögerung oder -stillstand führen. Eine Kortisontherapie hat ebenfalls Wachstumshemmung als Nebenwirkung. Daher setzten die Kinderärzte schon sehr zeitig Imurek® ein, oft in Kombination mit einer speziell zubereiteten Trinknahrung. Ein ausführliches Aufklärungsgespräch mit den Eltern und dem betroffenen Kind sollte auf die Aspekte dieser Therapie eingehen. 
 


Was ist ein Schub? 
Viele Patienten können sehr genau zwischen Schub und beschwerdefreien Zeiten unterscheiden, da sich diese beiden Zustände deutlich voneinander unterscheiden. Im Schub kommt es dann zu einer Verschlechterung des Zustandes, mehr Durchfällen, Schmerz, Gewichtsabnahme, Fieber, Laborzeichen der höheren entzündlichen Aktivität usw. Es gibt aber Betroffene, die an einem sogenannten chronisch aktiven Verlauf leiden. Die Krankheit ist dann stets aktiv oder die Betroffenen sind nie ganz beschwerdefrei; es sind dies diejenigen mit einem deutlich höheren Medikamentenbedarf. 
 


Karzinomrisiko bei der Colitis ulcerosa? 
Colitis ulcerosa-Erkrankte haben ein erhöhtes Risiko für Dickdarmkrebs. Dieses Risiko hängt von verschiedenen Faktoren ab. Besteht neben der Colitis auch eine primär sklerosierende Cholangitis (PSC), ist die Gefahr am größten. Man empfiehlt bei dieser Kombination ab Diagnosestellung jährlich eine Kontrollkoloskopie. Ist der gesamte oder ein Großteil des Dickdarms befallen (über die linke Flexur hinaus), so sollten jährliche Untersuchungen ab dem 8. Erkrankungsjahr erfolgen. Beim linksseitigen Befall werden die Kontrollen ab dem zehnten Jahr der Erkrankung alle zwei Jahre durchgeführt. Ziel der Koloskopie ist es, Vorstufen (Dysplasien) rechtzeitig zu erkennen. Der günstigste Zeitpunkt für die Untersuchung ist im beschwerdefreien Intervall. Es gibt sehr klare Indizien für die krebsvorbeugende Wirkung von Präparaten, die Mesalazin enthalten (Salofalk®, Claversal®, Pentasa®, Dipentum® oder Salazopyrin®), daher wird die Einnahme dieser Medikamente auch noch nach vielen Jahren Beschwerdefreiheit als sinnvoll gesehen. 
 


Prostatapunktion bei florider Colitis ulcerosa? 
Das Prostatakarzinom ist der häufigste Tumor des Mannes. Schon in frühen Tumorstadien steigt der PSA (ein Tumormarker) im Blut. Die Bestimmung des PSA wird routinemäßig durchgeführt und dient dem Urologen als Entscheidungshilfe für die Prostatapunktion (Gewebsentnahme aus der Prostata). Allerdings können mechanische Störungen (Koloskopie, Rektoskopie) oder Entzündungen in der Umgebung (z.B. Proktitis) zu erhöhten PSA-Werten führen. Daher sollte die PSA-Bestimmung dann erfolgen, wenn die Entzündung konsequent behandelt wurde. 

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